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Plastik Gitarre. Ein Upcycling Musikinstrument

 written by Nikolaus Georgiades

Wir sind entschlossen, den Planeten vor Schädigung zu schützen, unter anderem durch nachhaltigen Konsum und nachhaltige Produktion, die nachhaltige Bewirtschaftung seiner natürlichen Ressourcen und umgehende Maßnahmen gegen den Klimawandel, damit die Erde die Bedürfnisse der heutigen und der kommenden Generationen decken kann.

(Generalversammlung Vereinte Nationen, 2015, S.2)

Einleitung

Heutzutage ist Plastik kaum aus unserem Alltag wegzudenken. In fast jedem Lebensbereich kommen wir mit unterschiedlichen Arten von Kunststoffen in Berührung. Die lange Abbauzeit von Plastik und fehlende nachhaltige Entsorgungsmöglichkeiten führen dazu, dass Plastik eine Gefahr für unsere Gesundheit und unseren Planeten darstellt. Ein Weg, um neuen Plastikmüll zu vermeiden, ist Recycling. Jedoch wird heutzutage nur sehr wenig Müll wirklich recycelt. Da jedes Jahr immer mehr Plastik produziert wird, obwohl es noch keine Lösung für das Problem der Plastikentsorgung gibt, möchte ich mich mit dem Thema künstlerisch auseinandersetzen und mit meinem Werk zu einem stärkeren Bewusstsein der Plastikproblematik beitragen.

Weiters beinhaltet die Plastik Gitarre für mich die Idee eines didaktisch-methodischen Unterrichtskonzept für den Gitarren Instrumentalunterricht. Derzeit beschäftige ich mich in meiner Masterarbeit „One String Is Enough. Ein Unterrichtskonzept zur Einführung der Slide-Gitarre in den Instrumentalunterricht“ mit horizontalen Spielkonzepten auf einer Gitarrensaite in Verbindung mit der Slide-Gitarren Spielweise. Diese zwei Spielkonzepte haben bisher wenig Beachtung in deutschsprachigen Gitarrenlehrbüchern gefunden. Um so wichtiger scheint mir daher die Entwicklung eines horizontalen Slide-Gitarren Unterrichtskonzept für den Instrumentalunterricht. 

Zielsetzung und Methodik 

Ziel meines Projekts war die Konstruktion eines funktionsfähigen Saiteninstruments, das größtenteils aus dem Material Plastik besteht und an die Form einer Gitarre erinnern soll. Das Saiteninstrument sollte mit einer Gitarrensaite bespannt und durch eine Gitarrenmechanik gestimmt werden können. Ausgangspunkt meiner Überlegungen zur Bau- und Spielweise der Plastik Gitarre waren Saiteninstrumente wie der Diddley Bow, die Cigar Box sowie das Canjo. Weiters entsprechen die verwendeten Materialen dem Gedanken des Upcyclings. 

Der Begriff Upcycling definiert die Weiternutzung von Abfallstoffen und gebrauchten Gegenständen durch Umwandlung in höherwertige Materialien bzw. Waren. (Duden, 2020). Dadurch spiegle ich nicht nur die Plastikmüllproblematik in Form des Instruments wider, sondern zeige gleichzeitig einen Weg zur Reduktion von Plastikmüll auf.

Der Entstehungsprozess folgte dem Versuch und Irrtum (Trial And Error) Prinzip. Diese Methode bot sich für das Projekt sehr gut an, da es anfangs viele unsichere Faktoren bei der Projektentwicklung gab, die ein konkretes Planen für mich unmöglich machten. So bestimmten vor allem die zur Verfügung stehenden Materialen, die ich Stück für Stück suchte und zusammentrug, Form und Funktion der Plastik Gitarre. 
 

Aufbau der Plastik Gitarre

Den Resonanzkörper und gleichzeitig Gitarrenhals der Gitarre bildet ein graues polypropylenes Abwasserrohr mit einer Länge von 106,5 cm. Der Rahmen des Korpus besteht aus zwei Gewindestangen (M12x1.000mm), die am Abwasserrohr befestigt und auf denen unterschiedliche Größen von Plastikflaschen aufgesteckt sind. Der Rahmen wird durch zwei schwarze Kabelbinder in Form gehalten. 

Durch Fixierung weiterer Plastikflaschen an den Rahmen ergibt sich die Decke der Gitarre. Diese dient nicht der Resonanzverstärkung, sondern erfüllt lediglich einen ästhetischen Zweck. Um die Flaschen miteinander verbinden zu können, wurden mit einer Bohrmaschine Löcher in die Plastikflaschen gebohrt und mit grauen Drähten verbunden.

Den Steg der Plastik Gitarre bildet eine alte grün-graue Zahnbürste ohne Zahnbürstenkopf, die mit einer Schraube befestigt ist. Eine Gitarrensaite (D-Saite: John Pearse Stärke .035) wird durch ein Loch hinter dem Steg gesteckt und verläuft das Abwasserrohr, das sogleich das Griffbrett der Gitarre bildet, entlang. Da die Plastik Gitarre ein bundloses Instrument ist, sind seitlich am Griffbrett rote Markierungen eingezeichnet, die beim Spielen zur Orientierung beitragen.

Anstelle eines Sattels befinden sich zwei Löcher, durch die die Saite gesteckt wird, bevor die Saite durch eine E-Gitarren Stimmmechanik fixiert wird. Die Stimmmechanik ist durch einen Nagel, einen Bierkronkorken, zwei Unterlegscheiben und eine Mutter am Kopfende befestigt. Dadurch kann die Saite auf eine beliebige Tonhöhe gestimmt werden. Die Mensur der Gitarre beträgt 69cm.
 

Ein ausgebauter Single Coil Tonabnehmer aus einer alten Ibanez E-Gitarre ist an der Plastik Gitarre platziert. Dadurch ist es möglich die Plastik Gitarre an einen Gitarrenverstärker anzuschließen und zu verstärken. Der Tonabnehmer ist durch schwarze Kabelbinder an zwei Schrauben fixiert. Die Klinkenbuchse befindet sich auf der Rückseite der Plastik Gitarre.
 

Ton- und Videoaufnahme

Ton- und Videoaufnahmen wurden alle im eigenen Home Studio selbst eingespielt, aufgenommen und abgemischt. 

Jede Gitarrenstimme wurde simultan über zwei verschiedene Eingangsquellen, einerseits über ein Overhead Mikrofon (Oktava MK-012-01), andererseits über ein Line-Signal, aufgenommen. Für die Aufnahmen wurde ein Mackie Onyx 1640i Kompaktmischer mit integriertem FireWire-Interface und die Audiobearbeitungssoftware Logic Pro X verwendet. Die Audioaufnahmen wurden wenig nachbearbeitet, um den Klang des Instruments möglichst naturgetreu widerzugeben. Nebengeräusche wie das Quietschen und Zerdrücken von Plastikflaschen, die sich beim Spielen nicht gänzlich vermeiden lassen und als störend empfunden werden könnten, wurden deshalb nicht gefiltert. Um jedoch die Bassstimme des Liedes mit der Plastik Gitarre aufnehmen zu können, wurde der Octaver des Effektgeräts Line 6: POD HD 500X zwischen Gitarre und Mischpult geschlossen. Dadurch klingt das Line-Signal der Bassstimme um eine Oktave tiefer. Für die Aufnahmen wurde die Gitarrensaite wie folgt gestimmt:

  • Melodiestimme auf den Ton a2.
  • 1. Begleitstimme auf den Ton g2,
  • 2. Begleitstimme auf den Ton f2,
  • 3. Begleitstimme auf den Ton d2,
  • Bassstimme auf den Ton g2. 

Die Videoaufnahmen wurden mit einer Canon EOS 600D aufgenommen und mit dem Programm Premiere Pro geschnitten.

Reflexion des Entstehungsprozess

Für mich war der Bau der Plastik Gitarre ein sehr spannender und lehrreicher Prozess. Seit ein paar Jahren beschäftige ich mich immer mehr mit dem Gitarrenbau. Durch dieses Projekt konnte ich neue Erfahrungen in diesem Bereich machen und dieser Leidenschaft nachgehen. 

Da ich möglichst viele gebrauchte Kunststoffe in der Plastik Gitarre verbauen wollte, stellte mich die Suche und Wahl geeigneter Materialien vor die erste Herausforderung. Die verwendeten Materialien haben ich schlussendlich aus dem Müll und aus alten Haushaltsgegenständen meiner Freunde und Familie zusammengetragen. Nach dem Trial-and-Error Prinzip begann ich einige Experimente mit der Vielzahl an unterschiedlichen Materialien zu machen. Durch diese Arbeitsmethode entwickelte sich die Form und das Aussehen der Plastik Gitarre ständig weiter. Ein weiteres Material, das neben Kunststoff verbaut wurde ist Metall. Ich musste auf bestimmte Metallteile zurückgreifen, da ich in meinem Umfeld keine Plastikalternative finden konnte. Aus diesem Grund setzte ich für den Rahmen der Plastik Gitarre Gewindestangen und zur Befestigung von bestimmten Teilen Schrauben ein. 

Nachdem die erste Bauphase der Plastik Gitarre abgeschlossen, die Gitarre bespielbar war und meinen Erwartungen entsprach, setzte ich mir als nächstes Ziel ein Lied auf der Gitarre zu spielen und aufzunehmen. Als erstes Lied, das Nachhaltigkeit thematisiert, fiel mir „Earth Song“ von Michael Jackson ein. Mit den ersten Aufnahmen des Liedes war ich jedoch nicht zufrieden. Die Gitarre war schwierig zu spielen, da die Mensur um 7,5 cm länger und der Saitenabstand zum Griffbrett sehr hoch war. Außerdem hatte ich mit Intonationsproblemen zu kämpfen.

Da ich keine guten Aufnahmen mit der Gitarre erzielen konnte, begann ich sie umzubauen. Der Saitenabstand konnte durch die Neupositionierung der Zahnbürste und das Bohren von den Sattel Löchern deutlich verringert werden. Weiters verkürzte ich die Mensur und baute einen Tonabnehmer in die Plastik Gitarre ein, um bessere Audioaufnahmen machen zu können. Das Spannende an der zweiten Bauphase war für mich, dass mich diesmal die Aufnahme des Liedes dazu trieb die Form der Gitarre zu ändern.

 

Fazit

Mit meinem Video „Plastik Gitarre - Earth Song (Cover)“ konnte ich die künstlerische Anwendung und Anwendbarkeit des horizontalen Spielens auf einer Saite in Verbindung mit dem Slide-Gitarren Spiel erproben und demonstrieren. Dadurch konnte ich einige neue Erkenntnisse für mein Unterrichtskonzept, das ich im Zuge meiner Masterarbeit entwickle, gewinnen.

An dieser Stelle möchte ich aber nochmals den Bauprozess des Plastik Instruments hervorheben, der mir nicht nur über Monate hinweg viel Freude bereitet hat, sondern auch mein Wissen über unterschiedliche primitive Saiteninstrumente sowie den Gitarrenbau erweitert hat. Die Beschränkung auf wenige Baumaterialien und Hilfsmittel hatte zur Folge, dass ich für einige unvorhersehbare Probleme immer wieder neue kreative Lösungen finden musste. Im Sinne der ganzheitlichen Pädagogik könnten SchülerInnen ein eigenes funktionsfähiges Instrument im Unterricht bauen und somit ähnliche Erfahrungen sammeln. Dies könnte sich nicht nur positiv auf die Motivation im Unterricht auswirken, sondern würde auch den SchülernInnen einen neuen Zugang zum gemeinsamen Musizieren und zu kostengünstigen Musikinstrumenten ermöglichen.

Noten Earth Song

Words & Music by Michael Jackson

Arrangement Niko Georgiades

Quellen

Generalversammlung Vereinte Nationen. (2015). Resolution der Generalversammlung, verabschiedet am 25.September. 2015. Abgerufen von https://www.un.org/Depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf

Georgiades, Nikolaus (2020, 17.Juni). Plastik Gitarre - Earth Song (Cover) [Vimeo]. Abgerufen von https://vimeo.com/430185991

Upcycling. (o.D.). In Duden. Abgerufen 18.5.20, von https://www.duden.de/rechtschreibung/Upcycling