Essay über die Interpretation von Protestliedern über Umweltschutz und Nachhaltigkeit
1. Einleitung, Forschungsfragen, Ziele
Im Zuge eines Forschungsseminars im WS 2019/20 sollte ein künstlerisches Forschungsprojekt mit Bezug zur Thematik von Nachhaltigkeit umgesetzt und dokumentiert werden. Mit dem Ziel einer inhaltlichen und methodischen Einschränkung entwickelte ich die folgenden beiden Forschungsfragen:
- In welcher Form wurde das Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit seit 1970 in der Jazz- und Popularmusik behandelt?
- Wie lässt sich die gewonnene Erkenntnis der vorhergehenden Fragestellung in der eigenen künstlerischen Praxis anwenden?
Zur Beantwortung dieser Fragen möchte ich kontextuales Wissen erlangen und eine eigene Songinterpretation erarbeiten, die meine Beschäftigung mit musikalischen und Songtext-basierten Inhalten relevanter Popularmusik seit 1970 dokumentiert. Das Jahr 1970 gilt als Geburtsjahr der modernen Umweltbewegung. Es handelt sich um das Europäische Naturschutzjahr, die erste europaweite Umweltkampagne mit über 200.000 Aktionen. Diese Zeit gilt als Punkt globalen Umschwungs im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Wie sich diese Dynamik auf die aktuelle Jazz- und Popularmusik auswirkt soll in einer künstlerischen Selbststudie exemplarisch aufgearbeitet und mittels eines phänomenologischen Erfahrungsberichts dokumentiert werden.
1.1. Beschreibung der Vorgehensweise
Zu Beginn des Forschungsprozesses wurde ein Liederkanon erstellt, der einen Auszug aus Liedmaterial beinhaltet, das sich mit dem Thema Nachhaltigkeit befasst. Dies hatte den Zweck, einen Überblick über die Thematik zu erlangen. Die Recherche erfolgte über weite Teile über das Internet und über bereits erworbene Kenntnisse sowie Kenntnisse anderer Musiker. Der Kanon ist im PDF Dokument am Ende des Beitrags beigefügt.
Im Zuge der Materialrecherche kristallisierte sich heraus, dass es für die Thematik kein bevorzugtes Genre gibt. Im Kanon vertretene Genres sind Popmusik, Rockmusik, Country, R&B, Funk, Jazz, Folk und weitere Genregruppen die im weiteren Verlauf als Alternative/Experimental zusammengefasst wurden.
Für eine Aufnahme in den Kanon musste das Liedgut auf einer der folgenden Themen, die sich aus der UNO Agenda 2030 ergeben, Bezug nehmen (die farbliche Markierung wird im Anschluss für analytische Zwecke genutzt):
2. Themenvertiefung
Da es sich hierbei um einen Themenbereich handelt, mit dem ich in meiner persönlichen und künstlerischen Praxis noch keine Erfahrungen bzw. Berührungspunkte hatte, versuchte ich mich im Zuge des Research Labs in die Thematik von Nachhaltigkeit, Umweltbewusstsein und Gesellschaftskritik im musikalischen Kontext zu vertiefen und setzte mir im Zuge der Auseinandersetzung mit den im Liederkanon erfassten Musikstücken das Ziel, eine Eigeninterpretation eines dieser Werke anzustreben. Den Prozess der Erarbeitung der Stücke ist teils mit Aufnahmen, teils mit Erfahrungsberichten dokumentiert.
Eine wesentliche Voraussetzung bei der Songauswahl war ein Bezug zu den zuvor festgelegten und farblich markierten Punkten der Agenda 2030.
Meine Auswahl viel hierbei auf den Countrysong „Don't no near the Water“ von Johnny Cash. Wie oben im Text verdeutlicht behandelt der Text folgende Themen:
Johnny Cash – Don't go near the water
3. Erarbeitung des Songs
Im Folgenden möchte ich den Entstehungsprozess der Eigeninterpretation mittels phänomenologisch-basierter Erkenntnisse dokumentieren. Dabei werden besonders meine persönlichen Erfahrungen und Empfindungen, welche ich im Zuge des Prozesses gewonnen wurden, dokumentiert und vermittelt. Die Erkenntnisse sind zum Teil in Textform verbalisiert, zusätzlich jedoch immanente Bestandteile der beigefügten Tonaufnahmen.
Um einer Charakteristik des Countrygenres treu zu bleiben wählte ich als Begleitinstrument eine Autoharp. Durch die minimalistische Begleitung erwarte ich mir eine stärkere textliche Fokussierung. Aufgrund der ernsteren Thematik empfand ich diese Wahl als angemessen.
3.1. Inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Songtext (Bezug auf zeitgeschichtlichen Kontext)
Das Lied erschien im Jahr 1974. Hierbei fällt sofort die zeitliche Nähe zum Jahr des Naturschutzes (1970) auf. Somit zählt diese Aufnahme zu eine der ersten die während der Periode der neu geschaffenen Achtsamkeit publiziert wurde. Inhaltlich setzt es sich mit der Verschmutzung und Zerstörung der Natur auseinander und zieht die Menschheit in die Verantwortung. Es soll ein Umweltbewusstsein vermittelt werden, und die Folgen für die Menschen aufgezeigt werden die mit der Zerstörung der Natur einhergeht. Es wird eine direkte Verbindung zwischen dem Menschen und der Natur geschaffen werden.
3.2. Erarbeitung einer Eigeninterpretation des Liedes
Im Zuge der Eigeninterpretation war es für mich wichtig eine authentische Aufnahme zu erzeugen. Eine der ersten Herausforderungen war es, die Ernsthaftigkeit der Thematik im Gesang widerzuspiegeln. Meiner Empfindung nach war dies nur möglich durch eine tiefere Auseinandersetzung mit den Themen Natur und Umweltschutz. Während des Aufnahmeprozesses merkte ich, dass eine erfolgreiche Interpretation nur durch eine tiefe Überzeugung möglich ist. Da das Lied als Protestsong eingestuft werden kann, gelingt eine erfolgreiche Interpretation nur durch eine tiefe Verbundenheit zu der Thematik. Anfänglich entstand das Gefühl eines Klischeehaften „es besser zu wissen“ und „die Antwort auf die Probleme zu haben“ was eine peinliche Empfindung bei der Interpretation verursachte. Deswegen wurden die ersten Aufnahmen nicht sehr „ehrlich“. Je mehr ich mich aber mit der Thematik auseinander setzte und meine Überzeugungen vertiefte, desto ehrlicher wurde die Interpretation. Dies ist durch die beiden anschließenden Aufnahmen auditiv dokumentiert. Aufnahme_1 ist am Beginn des Forschungsprozesses entstanden, Aufnahme_2 am Ende.
3.3. Dokumentation des Prozesses durch Audioaufnahmen
Wenn man beide Aufnahmen in den direkten Vergleich stellt, ist zu bemerken, dass bei Aufnahme_2 eine klarere und entschlossenere Ausdrucksweise verwendet wird. Zögerlichkeiten, die in Aufnahme_1 vorhanden sind, sind durch eine Vertiefung in die Thematik minimiert worden. Formulierung und Ausdrucksweise sind bei Aufnahme_2 entschlossener und ehrlicher. Dies ermöglicht einen besseren Transport der Aussage zum Zuhörer/ zur Zuhörerin. Durch die klarere und emotionalere Interpretation, entsteht eine bessere Verbindung zum Rezipienten/ zur Rezipientin. Dies ist auf eine bewusste Erarbeitung des Themengebiets zurückzuführen.
4. Zusammenfassung
Für eine erfolgreiche Interpretation waren folgende Grundfragen zu beachten:
- Welche Kernaussage möchte ich vermitteln?
- Wem möchte ich mit dem Lied erreichen?
- Welche Reaktion möchte ich von meinem Gegenüber bekommen?
Speziell für das Genre des Protestliedes ist eine Vertiefung des Wissens von äußerster Wichtigkeit. Nur durch eine nähere Auseinandersetzung mit der jeweiligen Thematik (in diesem Fall mit den Themen Umweltschutz, Natur und Nachhaltigkeit) ist eine authentische Interpretation möglich. Der Sinn von Protestliedern ist eine Veränderung oder eine gezielte Lenkung der Aufmerksamkeit. Aufgrund dessen muss die Interpretation bewusstseinserweckend sein, um gewünschte Erfolge zu erzielen.